„Triggerwarnung“
Die Artikel und Beiträge auf der Seite ingutenwieinschlechtenZeiten.at können – unter den gegebenen zeitgeistigen und zeitgeistlichen Umständen – beim Leser beider Geschlechter gewisse konflikthafte Reaktionen auslösen.(1)
Das unterscheidet sich nach Religion, Alter, Herkunft, Bildung, Weltanschauung und politischer Einstellung. Wie es sich eben mit den Reaktionen auf so gut wie alles, was einem nicht von vornherein egal ist, verhält.
Stirnrunzeln, Naserümpfen, Augenverdrehen und Kopfschütteln mögen stellvertretend genannt werden.
Steigert man sich in die sich anbietende Aversion hinein, sind Verstimmung, Verärgerung, regelrechte Empörung bis hin zu Erbostheit und gerechtem, wenn nicht sogar heiligem, Zorn Möglichkeiten der Eskalation.
Je nach Temperament und dem momentanen Rückstaudruck an Frustration kann das schnell gehen und einen eventuell richtig aus der Fassung kommen lassen.
Aber Sie kennen sich selbst ja lang genug, um beurteilen zu können, ob Sie das Risiko in Kauf nehmen sollten oder lieber nicht, und ein anderes Mal hier weiterlesen. Wenn Sie in ausgeglichenerer Verfassung sind.
Falls Sie die Videoserie Teil 1-3 auf der „igwisZ“-Startseite angeschaut haben, wissen Sie schon, daß mir der satirische Humor liegt, von der Ironie bis zum Sarkasmus, von der Zuspitzung bis zur grenzwertigen Polemik. Es wird Sie also nicht überraschen, daß in den schriftlichen Beiträgen hier diese Stilelemente gelegentlich wiederzufinden sind.
Gelegentlich und angelegentlich, mit einem gewissem Verve und einer gewissen direkten Provokation.
Das geschieht aus der prinzipiellen Absicht, Sie aus der Reserve zu locken.
Weil ich davon ausgehe, Sie lesen hier weder zur Unterhaltung noch zur bloßen intellektuellen Erbauung, sondern weil Sie von dem, was man sonst liest und hört, inklusive dessen, was man sich selbst so alles sagt, sich nicht wirklich herausgefordert fühlen, auf was substantiell Neues und Sie Weiterbringendes zu kommen.
„Produktive Verstörung“ wäre ein modischer Begriff für den Effekt, den man auch simpel Inspiration durch Unerwartetes nennen könnte. Unerwartetes, das einem gegen den Strich geht.
Der Strich ist das Problem. Nicht die Probleme. Die gibt es seit Menschengedenken, die hat jeder, seit er denken kann, gehabt. Selbst im Bauch der Mutter geht es nicht ohne Probleme ab, gottseidank selten unüberwindbarer Art.
Aber auf jeden Fall fängt es mit den dramatischen Problemen bei der Geburt an. Nicht für die Mütter, normalerweise, sondern für die Kinder. Die Geburt ist eine Krise auf Leben und Tod, auf ekstatisch triumphalen Durchbruch oder totale kosmische Vernichtung. Diejenigen, die mit Hilfe psychotroper Mittel oder Verfahren Zugang zur Erinnerung daran bekamen, berichten es übereinstimmend so.
Der Strich, nach dem man seine Erfahrungen kämmt, nach dem man aus bloßen Sinneswahrnehmungen Bedeutungen konstruiert und Sinndeutungen destilliert. Was wir müssen, um uns orientieren zu können. Was wir aber nicht nach dem immer gleichen Strickmuster in die immer gleichen Schlußfolgerungen überführen müssen.
Der Gewohnheitsblick verliert den Überblick aus den Augen. Das Aufscheuchen aus der Gewohnheit, das uns manchmal vom Leben angetan wird, ist bittersüß und süßsauer, aber nach der Zelebrierung des Unwillens, uns aufscheuchen zu lassen, sind wir doch oft genug neugierig genug, was sich aus der nun schon geraubten Ruhe und dem verlorenen Gleichgewicht machen lassen könnte.
Im Großen gilt das, aber auch im Kleinen, auch im so Kleinen der Lektüre eines Artikels über Paarbeziehungen und Illusionen bis Delusionen, die eine Zeit oder ein Paar oder ein Einzelner sich macht.
Es gilt in dem, was man heute Paartherapie nennt oder allgemeiner Psychotherapie, die man sich sucht, um sich selbst wiederzufinden, als Paar genauso wie als Einzelner.
Wobei sich die schon abgedroschene Sufigeschichte von Mulla Nasrudin aufdrängt, der eines Nachts unter einer Straßenlaterne Zentimeter für Zentimeter den Boden absuchte, als ihn ein Passant fragte, was es mit seinem Verhalten für eine Bewandtnis habe. „Ich suche meinen Schlüssel“, antwortete er. Ob er sich dessen gewiß sei, daß er ihn gerade an dieser Stelle verloren habe? Nein, er habe ihn auf dem Weg durch die Felder verloren. „Und warum suchst du in dann hier und nicht auf dem Weg, wo du ihn verloren hast?“ „Weil es dort finster ist, aber hier brennt die Laterne und leuchtet mir beim Suchen!“
In der englischen Wikipedia nennen sie Nasreddin Hodja aus dem Persien des 13. Jahrhunderts einen „satirical Sufi“, Sie können’s mir also guten Gewissens nachsehen, falls ich Ihre Nerven oder Ihren guten Geschmack strapaziere.
Und es prinzipiell für gut möglich halten, ausgehend von Befremden, Skepsis, Widerspruch, Protest und Aversion in Richtung Weisheit weiterzugehen.
Aus sowohl satirischen wie auch vielleicht realsatirischen Gründen ist an dieser Stelle auf Folgendes aufmerksam zu machen:
Alle Beiträge auf diesen Seiten sind ausschließlich für mündige Erwachsene gedacht sind, die im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte stehen und uverminderte Zurechnungsfähigkeit genießen. Eventuelle Empfehlungen, Tipps oder Ratschläge zu psychologischen und paarpsychologischen Einstellungs- oder Verhaltensänderungen oder Verhaltensexperimenten sind als unverbindliche Informationen und allgemeine Anregungen aufzufassen. Ihre Eignung für konkrete Personen in ihren konkreten Anliegen und Zielen kann keinesfalls von vornherein angenommen werden. Ihre Vorstellung und Darstellung konstellieren kein Angebot zu einem Vertrag über eine professionelle Arbeitsbeziehung mit dem Autor. Die kritische und eigenverantwortliche Beurteilung der Inhalte dieser Webseite nach ihrem möglichen Nutzen zur Verbesserung von Paarbeziehungen, insbesondere der leidvoll erlebten und als krisenhaft eingeschätzten, seien es eigene Beziehungen oder die anderer Menschen, obliegt den Lesern und wird vom Betreiber der Webseite vorausgesetzt. Es wird insbesondere darauf hingewiesen, daß die Lektüre dieser Seiten keine Inanspruchnahme fachlicher psychologischer Beratung, Psychotherapie oder Paartherapie darstellt und eine solche auch nicht ersetzen kann.
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1 „Trigger Warning“ ist ein Begriff für die Warnung von amerikanischen Collegestudenten vor Inhalten in Lehrveranstaltungen, die heftige unangenehme emotionale Reaktionen auslösen könnten, besonders bei Teilnehmern, die an posttraumatischen Störungen leiden oder aus anderen Gründen eine Hypersensitivität für bestimmte Themen mitbringen. „Triggerwarnungen“ sind als Phänomen einer sich etablierenden Opferkultur (victimhood culture) verstehbar, in der man Status und Macht über die Beanspruchung einer Opferidentität und moralische Erpressung gewinnt.
Einen Überblick über die Diskussion gibt zum Beispiel Jonathan Haidts Blogpost: „Coddling of the American Mind“ (https://righteousmind.com/applying-moral-psych/coddling/).
Ein wissenschaftlicher Artikel von Bradley Campbell und Jason Manning: „Campus Culture Wars and the Sociology of Morality“ aus Comparative Sociology (2016, Vol.15, No.2, pp.147-178), findet sich kostenlos zu Lektüre und Download auf Academia (https://www.academia.edu/24341323/Campus_Culture_Wars_and_the_Sociology_of_Morality).