Selber schuld, gnädige Frau!

Das hat Ihnen gerade noch gefehlt, daß einer sowas behauptet? – Absolut, ja!

Obwohl Sie sich nichts zuschulden kommen ließen, sondern bloß eine menschenwürdige Behandlung eingefordert haben? Was heißt eingefordert, vorsichtig erbeten, am Anfang jedenfalls. Nein, noch einen Schritt muß man zurückgehen, geduldig abgewartet haben, daß er von sich aus zur Einsicht kommt, daß Sie auch Bedürfnisse haben. Daß Sie Aufmerksamkeit und Zuwendung und Rücksicht brauchen. Ein Minimum davon. Das ist wohl nicht zuviel verlangt, oder?

Von der Unschuld zur Schuldzuschreibung

Nein, aber das war schon der erste Fehler. Es reicht nicht nur nicht, sondern es funktioniert von vornherein nicht, wenn man abwartet, daß der andere tut, was man für recht und billig hält. Man muß es aktiv verlangen und verhandeln, bis beide mit einer Vereinbarung als Lösung zufrieden sind.

Es reicht auch nicht, daß man es vorsichtig andeutet oder noch zweckloser, daß man es dem anderen merken läßt in der Art, wie man sich verhält oder reagiert. Das funktioniert, wenn der andere zufällig ein Muster an vorsorglicher Einfühlsamkeit und Rücksichtnahme ist. Im Normalfall aber nicht.

Wenn du mich lieben würdest, dann wär es dir aufgefallen! Dergleichen ist Quatsch und nichts als Munition, dem andern ein schlechtes Gewissen zu machen, aus dem heraus er sich verpflichtet fühlen soll, einem die Mühe abzunehmen, den Mund aufzumachen und zu sagen, was man will und was einem nicht paßt.

Die Kette hat voraussagbare Glieder: Man erlaubt sich enttäuscht zu sein, daß der andere sowenig Sensibilität aufbringt, womit man sich zugleich zu einer stillen Vorwurfshaltung berechtigt, die wird dann mit der Zeit lauter und mündet in mehr oder weniger gewohnheitsmäßigem Jammern, Klagen, Kebbeln und Keifen. Alles im Bewußtsein der Berechtigtheit, schließlich ist der andere ja der chronisch rücksichtslose Egoist. Alles in der legitimen Absicht, ihn zur Einsicht und Umkehr zu bewegen.

Regelhaft stößt man auf taube Ohren oder Ausreden oder passive Resistenz – er zeigt sich schließlich doch einsichtig, verspricht Besserung, aber nach kurzer Zeit ist es so wie vorher. Da nützt alles nichts. Und wenn man ihm tausendmal klarmacht, daß es so nicht weitergeht, daß er sich zusammenreißen muß, daß man es so, wie es ist, nicht erträgt und auch nicht einsieht, warum man sich so behandeln lassen sollte. Schließlich ist man auch ein Mensch und auch nur ein Mensch und hat ein Anrecht auf …

Und, bis jetzt ist es offensichtlich, daß der andere schuld ist, weil er unzugänglich ist und die berechtigten Ansprüche, die man an ihn heranträgt, in dieser oder jener Form abwimmelt!

So sind sie, die halbwüchsigen Söhne. Die Töchter meistens auch. Die Mutter kann sagen was sie will, freundlich oder giftig, an ihre Vernunft appellierend oder mit Sanktionen drohend, sie lassen alles an sich abgleiten, werden höchstens frech und unverschämt, oder zucken bloß die Schultern und drehen die Musik in ihrem Zimmer lauter.

Was haben Sie denn geglaubt, daß sich ein erwachsener Mann wie ein Kind von Ihnen ermahnen läßt, zur Ordnung rufen, ins Gewissen reden, auf Vordermann bringen oder Ähnliches, erziehen eben? Haben Sie einen pädagogischen Vertrag miteinander unterzeichnet, der Sie als Erziehungsberechtigte und ihn als Zögling einsetzt? Oder haben Sie das stillschweigend in die Heiratsurkunde hineininterpretiert oder in den Umstand, daß sie zusammengezogen sind oder daß Sie sich miteinander darauf verständigt haben, es ernst und verpflichtend zu meinen und Kinder miteinander großzuziehen?

Haben Sie es bei Ihrer Mutter gesehen, die Ihren Vater auf diese Art unter erfolgreicher Kontrolle hatte? Oder auch in erfolgloser, jedenfalls so mit ihm umgegangen ist? Machen es Ihre Freundinnen mehr oder weniger genauso? Oder geben Ihnen zumindest den dringenden Tipp, ihm nichts durchgehen zu lassen?

Die Antworten darauf sind müßig, die Fragen sind rhetorische. Es ist unerheblich. Es ist unerheblich, auch wenn Sie auf jede einzelne mit einem klaren Ja antworten könnten. Es kommt nicht darauf an, wer oder was Sie dazu inspiriert oder animiert hat, die Gouvernante Ihres Mannes zu spielen, sondern nur darauf, ob Sie es tun und den voraussagbaren Schiffbruch damit erleiden. Füher oder später.

Es gibt wie bei allen Regeln auch hier die Ausnahmen, die Männer, die insgeheim froh sind, daß ihnen die Frau die Mühe abnimmt, selber zu bestimmen, was sie für gut und richtig halten und – vor allem – ihren Mann zu stehen, das heißt, sich nach den eigenen Beurteilungen von richtig und falsch, gut und böse, erstrebenswert und vermeidenswert zu richten. Auch dann, wenn andere, inklusive der eigenen Frau, anderer Meinung sind. Oder ganz ganz anderer Meinung.

So einen haben Sie nicht, wenn Sie das hier aus Betroffenheit lesen. Hätten Sie so einen, wäre aus Ihrer Sicht alles in Ordnung, anstrengend vielleicht, wie es Eltern wissen, daß die Erziehungsverantwortung es mit sich bringt, aber unter Strich verliefe das Leben mit ihm reibungslos, mehr oder weniger so, wie Sie sich das vorgestellt haben.

Möglicherweise mit der Sexualität, da könnte es Probleme geben, aber muß es nicht, und es ist nicht unüblich, daß die Frauen andere Sorgen haben, als neben allen anderen Verpflichtungen und Aufgaben sich auch noch um ein Sexleben kümmern zu sollen.

Es ist sogar unerheblich, ob er von sich aus dahinter ist, sich als pubertierender Sohn der Mutter gegenüber anzustellen, obwohl er ihr Mann ist!

Langsam geht es auf keine Kuhhaut mehr, wieviel Verantwortung Ihnen als Frau hier aufgebürdet werden soll?

Das stimmt, auf den ersten Blick erscheint es so. Auf den zweiten und dritten nicht mehr.

Ob man’s glaubt, will, gut findet oder nicht, die Frau hat eine viel größere Macht über die emotionale Atmosphäre und die Qualitäten der Beziehung, der Interaktion und der Kommunikation des Paares als der Mann. Das bezieht sich natürlich auch auf die Familie als Ganzes.

Wieder: normalerweise, wieder: mit den Ausnahmen von der Regel.

Das bedeutet allerdings nicht, das sie der Meinung sein muß, es verhält sich so. Im Gegenteil, praktischer ist es für sie, wenn sie glaubt, sie hat bestenfalls gleich viel wie er, idealerweise weniger. Dann bleibt ihr immer die Möglichkeit, ihm die Schuld zu geben, wenn etwas nicht so läuft, wie es ihr recht ist.

Das Gute an der Situation, einen so entscheidenden Einfluß zu haben, ist auf der anderen Seite, auf der, wo man seine Empörung, man sei selber schuld am Beziehungsfrust, zur Seite gestellt hat oder sonstwie überwunden, daß man als Frau auch die verkorksteste Beziehung in Eigenregie wieder in einen Zustand bringen kann, mit dem man selbst und der Mann zufrieden ist, in dem es schön ist für beide.

Den Hinweis auf Regel und Ausnahme leiste ich mir zur Sicherheit hier noch einmal, ohne die Intelligenz der Leserin oder des eventuellen Lesers beleidigen zu wollen. Aus Sicherheitsgründen, weil es nicht so leicht zu verdauen ist, was hier serviert wird, weshalb der Schrei, aber bei uns ist es nicht so, naheliegt.

Plump formuliert, Männer sind leicht zu bezirzen. So wie sie leicht zu verschrecken sind. Im Privaten, Intimen, Persönlichen. Anders verhält es sich im Öffentlichen, im Beruflichen, im Politischen und Kulturellen, eben bei allem, was für die Allgemeinheit von Bedeutung ist.

Deswegen gleich auf den Punkt: Sie – als Frau – können die Probe aufs Exempel machen, falls Sie bis jetzt den Anmerkungen hier skeptisch gefolgt sind, vielleicht auch mit einer Mischung aus Empörung, Bitterkeit und Belustigung über die doch offensichtlich blanken Fehlinterpretationen oder Voreingenommenheiten.

Probieren geht über Studieren (Testanleitung)

Wenn Sie intuitiv oder gefühlsmäßig oder auch unter Heranziehung Ihrer Beobachtungen und Erfahrungen im Grunde zustimmen können, umso besser. Dann haben Sie weniger Zweifel und mehr Optimismus beim konkreten Testen und Ausprobieren, was es Ihnen bringen kann.

Zwei Wochen Testperiode sind mindestens zu veranschlagen.

Zwei Wochen, in denen Sie in Eigenregie sich auf eine bestimmte Art verhalten, egal, wie Ihr Mann sich verhält, egal auch, ob er was sagt und wenn, was er dazu sagt, wenn es ihm bewußt auffallen sollte und er es angebracht fände, es zu kommentieren.

Danach erst – und nicht schon zwischendrin, schon gar nicht nach ein paar Tagen der Testphase – können Sie die Ergebnisse feststellen und sich ein klares und ausführliches Bild machen, was sich alles an Wirkungen gezeigt hat.

Schummeln dürfen Sie nicht, wenn Sie Sie das Ausmaß Ihres Einflusses auf ihn und damit auf das Zueinander und Miteinander auf diese Art experimentell überprüfen wollen. Das heißt, Sie müssen sich bewußt halten, daß es auf Ihre Konsequenz ankommt, ob der Test valide Resultate ergibt oder scheinbare. Die Testbedingungen müssen von Ihnen über den gesamten Testzeitraum konstant gehalten werden. Das ist nicht gerade einfach, aber es geht auch um was, das nicht gerade unwichtig ist.

Den Test in Eigenregie machen bedeutet auch, Sie dürfen Ihren Mann nicht einweihen, auch nicht, wenn er nachfragt, weil ihm auffällt, daß Sie sich ungewöhnlich verhalten. Da müssen Sie ihn abspeisen mit sinngemäß so etwas wie „Na so halt. Weil ich ich’s eben einmal so machen möchte“ – aber bitte Vorsicht, nicht schnippisch oder provozierend oder im Tonfall von „Was geht’s dich an, ich kann tun was ich will!“ oder sonstige Variationen von unfreundlich, unhöflich, defensiv oder aggressiv.

Höflich und freundlich, einfach so (Teststufe 1)

Diese erste Stufe des Tests finden Sie auf der Seite:

  „Selbsthilfe für Frauen – höflich und freundlich“ 

Die zweite Stufe beschreibe ich im Folgenden.

Sie können diese zweite Stufe des Tests Ihres Einflusses aber auch unabhängig von der oben verlinkten ersten durchführen. Die Stufenbezeichnung bezieht sich auf die Schwierigkeit der Selbstüberwindung, wie sie im Allgemeinen erlebt wird. Sie sind aber nicht allgemein sondern konkret und spezifisch und speziell Sie selbst und haben Ihre eigenen, ganz persönlichen Präferenzen. Überlegen Sie daher selber, was Ihnen als machbar erscheint und was Sie als Experiment mehr oder zuerst interessiert.

Selbstüberwindung? Gott-o-Gott, was für ein anachronistisches Konzept? Nein, hoch aktuell. Dernier Cri sogar, wenn man so will!

Nur nicht in den gängigen Modebegriffen gefaßt wie z.B. Selbstregulation und Selbstwirksamkeit und Ähnliches.

Es geht darum, aus freier Entscheidung und mittels disziplinierter Aufmerksamkeitskonzentration und Willensanstrengung motivationale, emotionale und aktionale Gewohnheitsmuster, die den Handlungsspielraum unwillkürlich beschränken, außer Kraft zu setzen.

Achtsamkeitstraining und Willenstraining in Kombination. Zwecks Erkundung der Freiheitsgrade zu emanzipatorischem Self-Empowerment.

Dinge tun, die man aus Liebe macht (Teststufe 2)

Lassen Sie sich nicht abschrecken von der Überschrift! Es geht darum daß Sie Dinge tun, die man ganz allgemein aus Liebe macht, aber gemeint sind solche, die Sie für ihn oder ihm gegenüber gemacht haben in der Zeit, als Sie ohne Zögern zu sich gesagt hätten, „Ich liebe ihn“ oder „Ich bin ihn ihn verliebt“ oder was Ihre Wortwahl dafür gewesen wäre.

Der Unterschied zu damals ist naturgemäß, besser gesagt: zeitgemäß, der, daß Sie damals aus dem Gefühl und dem Motiv der Liebe so gehandelt oder sich so verhalten haben, während das jetzt nicht die Voraussetzung ist. Es wird Ihnen durch die Übung oder den Test nicht zugemutet, daß Sie so tun, als ob Sie ihn liebten. Oder zumindest nicht mehr, als sie es auch heute noch spontan tun. Eben nicht so überwältigend, so offensichtlich und ohne Einschränkung wie früher, so bedingungslos und aus so freiem Herzen und mit so einer Freude.

Das ist nicht, worum es geht. Sondern es dreht sich ausschließlich um die Handlungen und Verhaltensweisen, und zwar um solche, die Sie sich abgewöhnt haben oder die sich mit der Zeit aus Ihrem Repertoire verflüchtigt haben, ganz von allein vielleicht, ohne besonderen Grund und ohne besonderes Motiv dahinter.

Und so läuft es ab:

Schritt eins – Liste der „Dinge aus Liebe“ schreiben

Sie setzen sich hin und schreiben eine Liste der Dinge, die Sie damals, vor einer halben Ewigkeit, wie es Ihnen vielleicht vorkommt, damals, als Sie noch voller Freude und Vertrauen und Hoffnungen für die gemeinsame Zukunft waren, für ihn und ihm gegenüber getan haben, weil Sie ihn liebten und weil Ihnen seine Freude und sein Glück und sein Wohl so sehr am Herzen lagen.

Dinge, die Sie damals selbstverständlich und mit dem heiligen Ernst der Liebenden gemacht haben. Die Ihnen ein Bedürfnis waren und sozusagen das Mindeste, was Sie für ihn tun wollten.

Lassen Sie sich Zeit mit dem Erstellen der Liste, es ist ja nicht so leicht. Fangen Sie mit dem an, was Ihnen einfällt und gehen Sie von dort aus weiter in der Erinnerung. Oder fangen Sie absichtlich mit kleinen, alltäglichen, unscheinbaren an. Aber setzten Sie sich keine Einschränkungen, sondern erlauben Sie sich auch größere und große Dinge, die Sie aus Liebe gemacht haben, zu notieren.

Schritt zwei – die „Liebesdinge“ nach der Größe beurteilen

Gehen Sie die Liste durch und bewerten Sie die einzelnen Handlungen und Verhaltensweisen (achten Sie darauf, daß es umschriebene konkrete einzelne Verhaltensweisen oder Handlungen sind, nicht eine allgemeine Art oder Qualität des sich Verhaltens) mit „klein“, „mittel“ und „groß“. Oder verwenden Sie eine Skala von 1 – 10, wobei 1 etwas winzig Kleines wäre und 10 etwas Riesengroßes. Schreiben Sie danach die Liste auf ein neues Blatt, so daß die Größenzuordnungen als Überschriften stehen und darunter jeweils die dazugehörigen Handlungen oder Verhaltensweisen.

Schritt drei – nach der Schwierigkeit beurteilen

Jetzt geht es darum, die Punkte oder Items innerhalb der Rubriken klein, mittel und groß oder innerhalb der Skalenwerte in eine Reihenfolge zu bringen nach dem Kriterium, wie leicht oder schwer Sie Ihnen heute fallen würden. Unabhängig davon, wie es damals der Fall war. Fangen Sie mit „sehr leicht“ an und schreiben Sie jeweils darunter das nächstschwierigere Verhalten bzw. die nächstschwierigere Handlung.

Diese Bewertung des heutigen Schwierigkeitsgrades ist natürlich eine relative. Es kann durchaus sein, daß Sie den Eindruck haben, es würde Ihnen alles auf der Liste extrem schwer fallen. Trotzdem wird es innerhalb des „extrem schwer“ klare Unterschiede geben. Es spricht nichts dagegen, wenn Sie Schwierigkeitsgrade wie beim Felsklettern jenseits des sechsten Grades vergeben, der für Normalbürger schon jenseits des Vorstellbaren ist.

Das könnte – wenn es eben sein muß – zum Beispiel lauten: „extrem schwer – extrem schwer +1 – extrem schwer +2 – extrem schwer +3“. Aber steigern Sie sich nicht rein! Jedenfalls nicht mehr, als unbedingt notwendig.

Schritt vier – Auswahl der Test-Items

Bei Schritt Vier geht es um die Auswahl der Test-Items, das heißt, der Dinge, die Sie tatsächlich tun werden, um Ihren Einfluß oder den Ihres Verhaltens und Ihrer Handlungen, um präzise zu sein, auf Ihren Mann und auf die Atmosphäre oder auch das Geschehen zwischen Ihnen beiden haben, experimentell zu überprüfen.

Dafür braucht es Umsicht und genaue Überlegung. Denn einerseits sollen es Dinge sein, die Ihnen nicht so schwer fallen, daß Sie nach ein oder zwei Mal damit aufhören, weil es Sie überanstrengt, andererseits sollen es trotzdem solche sein, die Sie nicht freiwillig tun würden, wenn es nicht um das Experiment ginge.

Sie dürfen also sich nicht überfordern, aber genauso ungünstig wäre es, wenn Sie sich unterfordern. Es muß eine sportliche Herausforderung darstellen! Von der gefühlsmäßigen oder willensmäßigen Anstrengung, nicht von der körperlichen, ist gemeint.

Für den Fall, das Sie mit ihm Laufen gehen, wie Sie es früher taten, aber schon lang nicht mehr, würde sich beides treffen, fällt mir ein. Aber sowas gilt nur, wenn Sie es damals primär ihm zuliebe oder des Zusammenseins mit ihm wegen getan haben, nicht, wenn Sie bloß die Gelegenheit nutzten, sich fit zu halten!

Machen Sie sich jetzt einen konkreten Tagesplan:

Jeden Tag für die zwei Wochen tragen Sie zunächst einen Punkt aus der Liste ein, einen aus der (relativ) leichten Kategorie. Da stehen kleine, mittler und große Dinge – vielleicht! Vielleicht hat es sich aber auch ergeben, daß nur unter den kleinen Dingen welche sind, die Ihnen relativ leicht fallen würden.

Bedenken Sie jedenfalls, es sollte idealerweise etwas sein, was er auch mitkriegen kann, wenn er nicht gezielt wegschaut. Falls Ihnen das zu schwierig erscheint, darf es auch etwas sein, von dem nur sie wissen, daß Sie es tun. Aber es soll eine äußere Handlung oder ein Verhalten sein, nicht nur ein Gedanke oder ein Gefühl oder etwas Vorgestelltes.

Wenn es etwas ist, das Sie damals ab und zu einmal getan haben, tragen Sie es im entsprechenden Zeitabstand mehrmals ein, wenn Sie es früher innerhalb von zwei Wochen mehrmals getan haben. Wenn es etwas Selteneres war, genügt einmal. Wenn es sich um etwas handelt, daß Sie jeden Tag gemacht haben, weil es eben etwas war, daß man, wenn überhaupt, täglich macht, dann tragen sie es auch jetzt für jeden Tag ein.

Angenommen, Sie haben ihm früher beim Frühstück den Kaffee gemacht oder extra schön serviert und jetzt ist es schon lang so, daß er ihn sich selbst macht, wieil Sie keine Lust mehr dazu haben. Dann wäre es keine gute Idee, ihm einmal oder zweimal in den zwei Wochen den Kaffee zu machen und danach und dazwischen nicht. Der Grund liegt auf der Hand, er könnte das nur so interpretieren, daß Sie ihn damit belohnen wollen für irgendetwas, das er davor getan hat oder daß Sie einer zufälligen Laune nachgaben oder schlimmer, daß sie ihn ärgern wollen – er soll sehen, was er für Nettigkeiten von Ihnen haben könnte, wenn er sich nur anders verhielte!

Versetzen Sie sich in die Lage, er würde das Experiment machen, dann können Sie beurteilen, welche Interpretationen und Reaktionen sich anbieten, und wählen Sie danach die Aktionen aus, ob das Verständnis, er wollte Ihnen was Gutes tun, dazupassen würde.

Wenn Sie für jeden Tag etwas Leichtes festgelegt haben, gehen Sie daran, eine Zusatzaktion pro Tag zu bestimmen. Die kann aus der gleichen leichten Kategorie sein oder auch einen höheren Schwierigkeitsgrad aufweisen.

Falls Sie etwas Schwierigeres als zweite Eintragung aussuchen, ist es zu empfehlen, daß Sie sicherheitshalber als Ersatz auch etwas Leichtes eintragen, das dient für den Fall, daß Ihr Gemüt einen derartigen Aufstand macht, daß Sie das Schwierigere bestenfalls schlampig oder pro forma durchführen oder mittendrin wieder abblasen würden. Besser was Babyleichtes korrekt machen als was Schwieriges verpatzen!

Schritt fünf – Aktionsphase

Jetzt schreiten Sie zur Tat, genauer gesagt, zu den täglichen Taten.

Zur Erinnerung: Sie tun, was Sie geplant haben, weil Sie sich dazu entschlossen haben, nicht weil er es verdient oder Sie es nötig hätten! Und ihr Ziel dabei ist nicht, die Beziehung zu verbessern, sondern sich einen gezielten Einblick zu verschaffen, was für einen Einfluß Sie tatsächlich auf die Atmosphäre zwischen Ihnen oder bloß auf Ihre eigene Stimmung Ihrem Mann gegenüber haben.

Wobei das Entscheidende darin liegt, daß es nicht darum geht, ihn zu irgendetwas zu animieren oder irgendwelche Reaktionen seinerseits auszulösen!

Im Gegenteil, Sie tun das nur für sich selbst, um Ihren Eindruck oder Ihr Empfinden oder Ihre Annahme zu überprüfen, Sie sind mehr oder weniger ausgeliefert dem, was Ihr Mann tut oder nicht tut, es ist egal, was Sie selber tun oder lassen, es bringt nichts und hilft nichts, es geht Ihnen schlecht, Sie sind nichts als frustriert, sei es dauerverärgert oder deprimiert oder beides abwechselnd, und Sie können letztlich nichts tun, um da rauszukommen. – Außer das, was man als ultimativen Ausweg immer im Hinterkopf hat, den Notausgang zu nehmen, nämlich Trennung oder Scheidung.

Sie ziehen Ihren Plan durch, komme, was da wolle. Egal, ob es leicht geht oder schwer, egal ob Sie’s freut oder nicht freut, egal ob Sie sich dumm vorkommen oder nicht, egal ob Sie im Streß sind oder nicht – und vor allem: egal, wie Ihr Mann darauf reagiert oder nicht reagiert!

Was nicht heißt, Sie sollen einen Tunnelblick aufsetzen und autistisch vorgehen! Wenn Sie merken, er empfindet etwas, was Sie – damals – aus Liebe motiviert getan haben und er auch so verstanden hat, jetzt als Veräppelung oder Provokation, müssen Sie natürlich darauf reagieren und beurteilen, ob er das nur so empfindet, weil er’s anhand Ihres sonstigen Verhaltens beim besten Willen nicht anders einordnen kann, oder ob er nur so überrascht ist, daß das seine erste Reaktion ist.

Sie können ihm helfen, es nicht in die falsche Kehle zu kriegen, wenn Sie ihm erklären, daß Sie versuchen, sich ein bißchen freundlicher (oder liebevoller) zu verhalten, als es in der letzten Zeit Ihre Gewohnheit war. Weil Sie das halt für sich ausprobieren wollen. Weil Sie einmal was anderes als das Übliche machen wollen.

Oder Sie kommen zum Schluß, es ist besser, Sie lassen das konkrete Verhalten, das er nicht verträgt, sein. Weil es ja nicht Ihre Absicht ist beim Experiment mit Ihrem Verhalten, ihn zu ärgern oder zu verletzen. Und nehmen etwas anderes aus der Liste, wo eine negative Reaktion nicht zu erwarten ist.

Ansonsten gehört zur Aktionsphase das tägliche Buchführen, was Sie alles beobachten konnten an sich selbst, wie es Ihnen dabei ergangen ist, was wie vorgestellt lief und was Sie überrascht hat. Zusätzlich können Sie notieren, wie Ihr Mann reagiert hat, wenn das der Fall war bzw. insofern Reaktionen von außen erkennbar waren.

Schritt sechs – Evaluation

Nach den zwei Wochen werten Sie Ihre Erfahrungen mit Ihrem Experiment aus.

Schauen Sie sich Ihre täglichen Notizen durch und führen Sie sich vor Augen, was Sie zur Frage Ihres Handlungsspielraums erkennen können und was sich in Ihrer Beurteilung dessen, wieviel Einfluß Sie auf die Atmosphäre zwischen Ihnen und Ihrem Mann haben, Neues ergeben hat.

Machen Sie sich vor allem auch klar, was Ihnen aufgefallen ist hinsichtlich des Eindrucks von Ohnmacht und Ausgeliefertseins auf der einen Seite und von innerer Freiheit und Selbstbestimmung auf der anderen.

Erinnern Sie sich an den Zeitpunkt vor dem Experiment und vergleichen Sie die Situation Ihrer Beziehung, wie sie sich jetzt anfühlt. Beachten Sie die Nuancen und Schattierungen Ihrer Empfindungen dazu, die Stimmungsqualitäten und ihre Feinheiten.

Was für Überraschungen haben sich ergeben? Welche Entdeckungen konnten Sie machen?

Haben Sie erleben oder erahnen können, daß da mehr Einfluß und Wirkung von Ihnen auf Ihren Mann ausgeht, als Sie geglaubt hätten? In Anbetracht dessen, daß es nur ein so kurzer Zeitraum und ein so begrenztes Ausprobieren war, nur simple Verhaltensweisen, nicht einmal von der dazugehörigen Gefühlsintensität getragen?

Schritt sieben – Ausblick

Interessiert es Sie anhand dieser Erfahrung, noch mehr zu experimentiern? Zum Beispiel vier Wochen statt zwei? Oder mit Dingen aus Ihrer Liste, die Ihnen schwerer fallen? Vielleicht mit anderen, die Ihnen einfallen und in die allgemeine Kategorie von Handlungen einzuordnen wären, die man üblicherweise aus Zuneigung und Liebe tut?

Oder war da nichts Neues zu beobachten, weder bei Ihnen selbst noch in der Atmosphäre zwischen Ihnen beiden?

Haben Sie geschummelt? Haben Sie sich’s zu schwer gemacht – oder zu leicht? Oder sind Sie in das Fahrwasser geraten, sich zu beweisen, er beachtet gar nicht, was Sie tun? Er hat überhaupt nicht reagiert, jedenfalls nicht positiv?

Dann liegt der Verdacht hahe, daß Sie das Thema verfehlt haben und das ganze zu einem Test für ihn umfunktioniert! Wo sie wie ein Haftelmacher aufpassen, wie er reagiert oder ob er überhaupt eine Reaktion erkenen läßt, anstatt konsequent, diszipliniert, selbstständig und unabhängig ihre Übung zu betreiben. Und ihre eigenen inneren Reaktionen aufmerksam zu beobachten und ihren inneren Freiheitsspielraum zu erforschen.

Sie brauchen sich nichts vorzumachen, Sie können es sich leisten, sich selbst gegenüber objektiv zu sein – schließlich waren Sie Ihr eigenes Versuchsobjekt im selber unternommenen Experiment.

Und wie Wissenschaft eben funktioniert, es kommt nicht darauf an, was für Ergebnisse herauskommen, sondern daß man sie als Grundlage für weitere Hypothesen und weitere Experimente zu deren Überprüfung nimmt.